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Ashura in Tradition & Poesie

Die Tragödie um die grausame Ermordung des Prophetenenkels Hussain Ibn Ali und die vielschichtigen Lehren, die sich daraus ziehen lassen, hat bis heute viele Mystiker, Dichter und Künstler inspiriert- darunter beispielsweise namhafte mystische Poeten wie Dschalalud-Din Rumi, Hafiz und Iqbal, aber auch einige Rechtsschulgründer wie Imam Shafi’i und Imam Dscha’far as-Sadiq.

„Jeder Tag ist Ashura, und jeder Ort ist Karbala“ – eine der essentiellen Lehren, die wir alle in unseren Herzen festhalten sollten. Denn sie sensibilisiert uns für die Ungerechtigkeiten der heutigen Zeit, sie motiviert uns zum Aktivismus und zu absoluter Hingabe gegenüber Gott.

Bis heute gedenken Muslime Jahr für Jahr der Tragödie von Karbala und der vielfältigen Lehren, die sich aus den Geschichten und Verhaltensweisen jeder einzelnen beteiligten Person ziehen lassen. Die Liste dieser Geschichten ist lang, ein wahrer Schatz an Weisheiten. Ebenso lang ist die Liste an Gedichten, Trauergesängen, Lobliedern und anderen Kunstformen, die sich mit der Zeit entwickelt oder gar neu gebildet haben.

Ich erinnere mich daran, wie meine Oma früher immer ein paar Zeilen eines arabischen Gedichtes rezitierte. Irgendwann erkannte ich es auch in den Majalis (Trauerzeremonien) und Vorträgen der Gelehrten wieder. Und irgendwann lernte ich es als Jugendliche selbst auswendig und trug es während eines Majlis vor. Irgendwann merkte ich, dass es anscheinend so etwas wie ein arabisch-shiitisches „Kulturgut“ ist, das fast jeder Erwachsene in unserer Community mit sich trägt. Und heute sitze ich hier an diesem Post, um eine (sehr) freie deutsche Übersetzung ausgewählter Teile anzubieten und diese Tradition in eine neue, deutsch-muslimische Kultur zu bringen.

Das 120-Zeilen-Gedicht „Taa’iyyah“ (arab. „Gehorsam“, „Loyalität“) stammt von einem Poeten namens Di’bil ibn Ali Al Khuza’i, welcher ein Gefährte der Prophetengroßenkel Imam Musa Al-Kazim und Imam Ali Al-Rida war. Er soll für seinen Humor und seine Kritik an einigen Herrschenden bekannt gewesen sein- was ihm letztendlich auch das Leben gekostet haben soll. Das Gedicht ist ein historisches Lobgedicht an die Familie des Propheten, das unter anderem auch die Ereignisse zu Ashura thematisiert.

 

Hättest du – o Fatima – Hussain gesehen,

wie er durstig am Ufer des Eufrates starb;

O Wangen, sie wären mit Trauer versehen!

Brennende Tränen fließen an ihnen herab.

 

O Tochter des Guten, erheb‘ dich, beklage!

Die himmlischen Körper auf trockenem Sand;

Gräber, verteilt auf hundert Orte und Tage –

Von Gott Gepriesene, von höchstem Stand.

 

Die Gräber das Flussbett, der Boden Karbala;

Als würden sie ruhen, so liegen sie dort;

Durstig am Eufrat- dem Wasser so nah,

Läge ich doch statt ihrer an diesem Ort!

 

Beim Erhabenen klage ich in Gedenken an sie,

trinke vom Becher des Grams und der Pein;

Vom Anblick des Märtyrerbodens, flieh!

Bricht sonst mein bekümmertes Herz entzwei.

 

So weine, mein Auge, gib Lehre und Sinn!

Die Zeit des Ausbruchs und Aufbruchs ist nah;

Lebte ich ängstlich in dieser Welt vor mich hin,

Gib Sicherheit und Schutz in den Welten danach!

أفاطم لو خلت الحسين مجدلا 

 وقد مات عطشانا بشط فرات

إذا للطمت الخد فاطم عنده

  وأجريت دمع العين في الوجنات

 

أفاطم قومي يا ابنة الخير واندبي  نجوم سماوات بأرض فلاة

قبور بكوفان وأخرى بطيبة وأخرى بفخ نالها صلواتي

 وأخرى بأرض الجوزجان محلها وقبر بباخمرى لدى الغربات

تضمنها الرحمن في الغرفات

 

قبور ببطن النهر من جنب كربلا

معرسهم فيها بشط

توفوا عطاشى بالفرات فليتني

توفيت فيهم قبل حين وفاتي

 

إلى الله أشكو لوعة عند ذكرهم

سقتني بكأس الثكل والفظعات

أخاف بان ازدراهم فتشوقني

مصارعهم بالجزع فالنخلات

 

فيا عين بكيهم وجودي بعبرة

فقد آن للتسكاب والهملات

لقد خفت في الدنيا وأيام سعيها

واني لأرجو الامن بعد وفاتي

Exkurs:

Am zehnten des ersten islamischen Monats gedenken Muslime der grausamen Ermordung des Prophetenenkels, seiner Familie und Gefolgschaft durch die Armee des damalig herrschenden Tyrannen Yazid ibn Muawiya. Dieser umzingelte Hussain mitsamt Gefolgschaft während seiner Reise nach Kufa und stellte ihm ein Ultimatum für das Leisten eines Treueids. Hussain lehnte unter Berufung seiner moralischen Prinzipien diesen wiederholt ab, denn Yazid war nicht nur durch einen Vertragsbruch durch seinen Vater an die Macht gekommen, sondern als ungerechter und brutaler Machthaber gefürchtet, der Kritik jeglicher Art mit Gewalt begegnete. Der Gipfel dieser Gewalt sollte am zehnten Tage des Monats Muharram erreicht werden: Nachdem die gesamte Gruppe – darunter auch unzählige Frauen und Kinder – umzingelt und mehrere Tage vom Wasser abgeschnitten wurde, wurden Hussain und nahezu all seine männlichen Gefährten – darunter auch viele seiner eigenen Kinder und sein Säugling – auf grausame Art und Weise ermordet, entstellt und zur Schau gestellt. Die Frauen und Kinder wurden ohne die Möglichkeit eines würdevollen Abschieds und Begräbnisses gefangen genommen, gedemütigt und bis zum Palaste von Yazid zur Schau gestellt.

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